Mittwoch, 15. Februar 2017

Angst

Das Gesprächsthema Nummer Eins in Ekwendeni: Die Sache mit dem Regen, der viel zu spät gekommen ist und der Maisernte, die deshalb sehr schlecht ausfallen wird.
Hier in der Region muß fast jeder für seine Grundnahrung selbst sorgen. Das bedeutet, dass so ziemlich jede Familie sich seinen Mais selbst anbauen muss. Darum besteht auch eine extrem große Abhängigkeit von einer ausreichenden Maisernte. Der Mais wird zu Maismehl verarbeitet, aus dem später Nsima gekocht wird. Nsima, das ist Maisbrei - das Hauptnahrungsmittel der meisten Malawier, was mindestens zweimal täglich gegessen wird.
Normalerweise beginnt die Regenzeit im November, spätestens im Dezember. Mit dem Regen wird auch der Mais gepflanzt. So aber nicht dieses Jahr – während der Süden schon seit Dezember reichlich mit Regen versorgt wurde, kam der Regen hier im Norden erst Mitte Januar. Damit begann man auch, Mais zu sähen. Die ersten Regenfälle waren aber so heftig, dass die Furchen, zwischen denen später der Mais wachsen sollte, zerstört wurden. Deshalb musste die Arbeit wiederholt werden. Furchen hacken, Löcher stechen, Mais sähen. Alles ohne Maschinen.
Seitdem regnet es sehr unregelmäßig: Zwei Wochen lang kein Regen. Danach ein paar Tage Regen, ein paar Tage Hoffnung. Nun ist es schon wieder seit fast einer Woche trocken.
Dazu kommt, dass die Wachstumsperiode viel zu kurz sein wird: Im April wird der Regen aufhören. Das weiß jeder.
Jeder im Ort spricht davon und hat Angst. Angst vor einer nahenden Hungersnot. Dass die Ernte schlecht wird, dass der Mais dieses Jahr nicht ausreicht und, dass die Familie nicht versorgt werden kann. Mein Gastvater erzählt mir, dass er so etwas erst einmal in seinem Leben erlebt hat: An manchen Tagen musste er mit Hunger ins Bett, da es nicht genug Essen für die Familie gab. Die Angst ist wieder da und scheinbar größer als je zuvor.

Gemeinsam mit dem Treffpunkt Malawi e.V., der uns einen Teil seiner Spendengelder zur Verfügung stellen wird, besteht das Vorhaben, die 50 Haushalte, die am meisten gefährdet sind, mit gekauftem Mais zu unterstützen. Offensichtlich ist aber, dass nicht nur 50 Haushalte betroffen sind - genau deshalb sind wir auf jede finanzielle Unterstützung angewiesen. Ein Sack Mais, der eine 5-köpfige Familie für einen Monat ernähren kann, kostet umgerechnet circa 15 Euro. Für die meisten Malawier ist das über einen längeren Zeitraum alles andere als ein kleiner Betrag.
Gerade nach all den schönen Erlebnissen, die ich hier bis jetzt haben durfte, ist es nicht einfach, mit der großen Angst der Menschen konfrontiert zu werden. Deshalb liegt mir diese Art der "Nothilfe" sehr am Herzen und ich bitte euch, den Menschen hier zu helfen und Geld zu spenden. An knobloch.luise@gmx.de könnt ihr eine Email senden, damit ich den Kontakt zum Treffpunkt Malawi (http://www.treffpunkt-malawi.de) herstellen kann, der dann die Spenden zweckgebunden einsetzt. Gern könnt ihr euch auch direkt an den Treffpunkt Malawi unter dem Stichwort "Mais für Ekwendeni" wenden.
Jeden noch so kleinen Betrag werde ich direkt weiterleiten. Ich werde mein Bestes tun, euch auf dem Laufenden zu halten. Danke!

zu dieser Zeit muesste der Mais mannshoch sein!



Freitag, 3. Februar 2017

Centre-Geschehnisse, Botschaftsfeier, ein wenig Unglück und was sonst so geschah

Bevor der trubelige mit-Charlotte-unterwegssein-und-Zwischenseminar-in-Tansania-Februar so richtig losgeht, gibt es hier ein kurzes Update. Was mir dieses Jahr bisher so gebracht hat!

20-22/01 Botschaftsfeier, Bücherkauf & Pechsträhne
Schon beim Lesen der Einladung zur Neujahrsfeier des deutschen Botschafters machte mein Herz einen kleinen Sprung. Als ich dann gemeinsam mit meinen Mitfreiwilligen in der Residenz des Botschafters in Lilongwe aufkreuzte, war die Freude nicht mehr zu bändigen! Diesmal mussten wir nicht helfen und konnten uns voll und ganz auf die Köstlichkeiten konzentrieren: Dass Appetizer wie Sushi, Feta-Spieße und Hühnchen mit Erdnusssoße noch übertroffen werden können, hatte niemand erwartet. Doch als das Buffett mit dem deutschesten aller deutschen Essen wie Spätzle, Schnitzel und Rotkraut eröffnet wurde, wurden wir eines besseren belehrt. Wir schaufelten das Essen in uns hinein. Jedem wurde klar, dass man deutsches Essen noch nie so sehr wertgeschätzt hatte. Und dass Essen ja doch so sehr glücklich macht! Nach unzähligen Stücken Brownies und Karottenkuchen hatte aber doch jeder genug. Weniger schön war deshalb die Rückfahrt nach Biwi. Zu neunt (und dazu vollgefressen!) in einem kleinen Taxi- „Squeeze,Madam!“ ist auch hier das Motto. Irgendwie kommt man aber immer an sein Ziel, und in diesem Fall eben schön billig. Der Gedanken an das gute Essen ließ einem den fehlenden Komfort und das sich langsam-steigernde Schlechtwerden schon fast vergessen.
Glück!

der Essenshimmel

zuschlagen! ein Brownie nach dem Anderen

Samstagmorgen kamen auch Stuart und Ausmane nach Lilongwe. Dank einer großen Spende konnten wir einen Drucker und viele neue Bücher für unsere Bücherei einkaufen. So tourten wir durch verschiedene Technik- und Buchläden. Besonders viel Freude hatten wir in einem Secondhand-Buchladen, den Marius vor einiger Zeit entdeckt hatte. Die Bücher kosten zum Teil weniger als einen Euro, maximal drei Euro. Dazu kommt eine riesige Auswahl! Die Kartons wurden randvoll gepackt und im Bus zurück nach Ekwendeni gefahren, wo die Bücher nur noch geordnet und beschriftet werden müssen.
Baobab Bookshop

Arbeit in der Bücherei

Leider war das Heimkehren dieses Mal alles andere als schön. Beim Öffnen meiner Zimmertür musste ich feststellen, dass unser Hund Bruno seinen Weg in mein Zimmer gefunden hatte und der Meinung war, randalieren zu müssen. Mein Stuhl lag kaputt auf dem Boden, daneben Klamotten und Papiere. Das Moskitonetz war mehr Loch als Netz und mein Bettlaken auch alles andere als sauber. Ich dachte, es kann nicht mehr schlimmer kommen, bis mir meine Gastschwestern erzählen, dass Luna tot ist. Luna war ein Welpe, den ich eine Woche früher vom See mitgebracht hatte. Sie war noch so klein, so tapsig aber ist gleichzeitig glücklich durch unser Haus gehüpft. Bis unser Hund Bruno sie tötete und, wie mir berichtet wurde, gegessen hat. Den Anblick von Lunas totem „Körper“ habe ich mir leider auch noch angesehen, da er von meiner Familie zunächst auf unserem Toilettenhäuschen liegengelassen wurde. Den Anblick werde ich so schnell nicht vergessen können und hoffe, dass die kleine Luna nicht lange leiden musste und dass es ihr jetzt, wo auch immer sie ist, gut geht .. Man muss sich damit abfinden – den Instinkt eines Tieres kann man zwar nicht verstehen, muss man aber irgendwie akzeptieren.
Luna.. ♥

Das Pech wollte so ganz aber noch nicht aufhören- es folgte bald eine Nacht voll Fieber und Malariaangst, was sich zum Glück bald in Luft auflöste und mir nur für einige Tage meine Stimme klaute (was nebenbei gesagt aber auch die reinste psychische Folter war!)

31/01 Toolkit-Vergabe
Die meisten der Schüler, die bei uns am Centre zum Schneider/ zum Schreiner ausgebildet werden, bleiben danach arbeitslos. Es fehlt am nötigen Geld, um ein Geschäft zu starten. Deshalb bekommen von jetzt an je zehn Schüler pro Abschlussjahrgang ein sogenanntes Toolkit oder Starterpack. Dieses besteht für die Schneider unter anderem aus einer Nähmaschine und einem Nähmaschinentisch, für die Schneider aus verschiedenen Werkzeugen. Die Schüler verpflichten sich, das Ganze in monatlichen Raten zurückzuzahlen. Deshalb wurden erst einmal die alten Schülerverzeichnisse herausgeholt, da natürlich auch die Schüler, die bereits einen Abschluss haben, nicht vergessen werden dürften. Schüler wurden von den Lehrern nominiert. Gemeinsam mit einigen Vorstandsmitgliedern wurden sie interviewt – wie sie denn momentan um die Runden kommen, ob sie schon Praktika gemacht haben und und und. Einige Tage nach den Interviews fand die Vergabe der Toolkits statt:
Das Ganze war recht groß aufgezogen. Wieder waren einige Vorstandsmitglieder vor Ort, jeweils ein Elternteil der Schüler und sogar der Chief! Zunächst wurden mehrere Reden gehalten. Auch ich musste eine Rede halten, was mir leider erst fünf Minuten davor mitgeteilt wurde. Vor dem recht großen Publikum war mir das nicht wirklich geheuer, weil ich auch nicht wusste, was von mir erwartet wird. Klappte aber viel besser als gedacht!. Die einzelnen Schüler wurden mit Elternteil nach vorn gerufen und unterschrieben eine Art Vertrag, auf der auch der Manager, der Vorstandsvorsitzende, ich (um die Spender zu repräsentieren), ein Polizist und der Chief unterschrieben. Die Nähmaschinen wurden natürlich gleich ausgetestet, die Freude war groß. Während der Zeremonie waren auch alle aktuellen Schüler anwesend. Für sie ist es natürlich sehr motivierend, die Chance auf ein Starterpack zu haben – denn nur die zehn Schüler, die am härtesten arbeiten und den Unterricht ernst nehmen, bekommen das Toolkit. Besonders in den folgenden Tagen war es sehr auffällig, dass die Schüler viel zielstrebiger und motivierter arbeiteten. Also auch von dieser Seite betrachtet ein purer Erfolg!
Beginn der Toolkitvergabe

eine der Schülerinnen mit ihrer Mutter

Schreinerschüler mit seiner Mutter



Schnickschnack
  • Die Welt ist ein Dorf. Wirklich. Am vergangenen Freitag war ich auf einer Farewellparty in Mzuzu. Dort traf ich einen jungen Mann, kam mit ihm ins Gespräch. Er sei der neue deutsche Bäcker in Mzuzu - ein wenig außerhalb gibt es eine deutsche Bäckerei, alle 3 Monate kommt ein neuer Deutscher dorthin, um Malawier auszubilden. Viel wichtiger aber: er kommt wie ich aus Pirna … Ich bin schon ein wenig durchgedreht und konnte das Ganze einfach nicht glauben. Er wohnt in Pirna einen Kilometer von mir entfernt, und dann trifft man sich einfach so auf einer Party irgendwo in Südostafrika. Eigentlich ja zu verrückt um wahr zu sein..
  • Family Update. Momentan sind wir zu fünft bei uns Zuhause: Meine Gasteltern Stuart und Dorothy. Eine der Zwillingsschwestern, Ellen, und der Sohn meines Gastbruders, Sean. Sean ist eineinhalb Jahre alt und weiß sehr gut, wie er uns auf Trab halten kann. Alles, was er findet, trägt er durch das Haus, schmeißt er herunter oder probiert, Musik damit zu machen. Er genießt es, unsere Katzen und Hunde am Schwanz durch das Haus zu ziehen und zu probieren, in den Kühlschrank zu klettern. Abends kann zwar der Fernseher laufen- doch Sean zu beobachten garantiert viel mehr Unterhaltung.
    Lieblingsbeschäftigung#1:Zimmer erkunden
    #2: Tiere.

  • Seifenblasenspaß in der Nursery, Bilder sagen hier mehr als Worte!


  • Vorfreude bis zum gehtnichtmehr. In zwei Tagen habe ich meine Lieblingsschwester wieder! Wir werden zusammen durch Malawi reisen und am Ende ein paar Tage in Ekwendeni verbringen. Ich freue mich so sehr auf das Wiedersehen, gemeinsames Nsima-Essen und im See schwimmen gehen! Danach ist schon Halbzeit.. Kaum zu glauben! Es geht zum Zwischenseminar nach Moshi, Tansania. Auf die weite Reise freue ich mich zwar weniger, doch das Seminar wird bestimmt wunderbar.