Mittwoch, 28. September 2016

Heute Schüler,morgen Lehrer

Mehr und mehr finde ich hier meinen Platz. Nachdem ich mittlerweile schon seit vier Wochen im Centre arbeite entwickelt sich Routine, entwickelt sich so etwas wie Alltag:   
Pünktlich um fünf Uhr morgens werde ich von der Glocke der Grundschule geweckt. Die Hunde stimmen meist mit ein, während sie direkt neben meinem Fenster sitzen. Raus aus dem Bett und rein in die Sportsachen! Morgenlauf im Sonnenaufgang mit meinem Gastpapa. Das genieße ich immer sehr, der Tag könnte nicht besser starten. An morgenlauflosen Tagen versuche ich nach dem ersten Läuten noch zu schlafen, doch bald folgt das nächste Läuten (sechs Uhr), die Sonne scheint in mein Zimmer und das ganze Haus ist wach. Die Musik wird laut aufgedreht- es wird gewaschen, geputzt, gefegt und gekocht. Bald wird es Zeit fürs Frühstück, das immer ein wenig anders aussieht. Toast mit Erdnussbutter, Avocado, Kasava, Süßkartoffeln, Pommes oder Porridge.
Morgenlauf
Um acht Uhr geh es zur Arbeit. 100 Meter Fußweg-perfekt. Wenn ich den Hügel zum Centre hinunterlaufe, höre ich oft schon von weitem Rufe wie „Good Morning Luise“  - oder auch „Good Morning Madame!“. Denn plötzlich betrete ich die Schule nicht mehr als Schüler, sondern als Lehrer. Vor mir sitzen junge Erwachsene, der Großteil davon älter als ich. Das Centre ermöglicht ihnen eine kostenlose Ausbildung im Schneidern beziehungsweise Schreinern. Ich bin für den zusätzlichen Unterricht zuständig, welcher derzeit aus Englisch und Computer besteht.
Centre (der Weg entspricht ungefähr meinem Arbeitsweg)
Im Englischunterricht hat sich die Teilung der 1st und 2nd years bewährt: Bei den 1st years werden zunächst die Grundlagen aufgefrischt. Wie stelle ich mich vor? Wie schreibe ich einen Brief, wie einen Dialog? Die 2nd years dagegen haben im letzten Schuljahr bei Nasti, meiner Vorfreiwilligen, schon viel gelernt (falls du das liest: DANKEFÜRALLES!). Daran kann ich gut anknüpfen. In den vergangenen Wochen haben wir die wichtigsten  Zeitformen wiederholt. Bald wird das Wissen praktisch angewendet – ich habe viele Pläne und Ideen, was das angeht und bin gespannt, wie sich alles umsetzen lässt!
Da mir für den Computerunterricht nur drei Laptops zur Verfügung stehen, habe ich die über 40 Schüler in kleinere Computergruppen aufgeteilt. Viele haben vorher kaum an einem Computer gearbeitet. Manchmal stoße ich da schon an meine Grenzen – wie erklärt man einem Schüler, wann genau man einmal und wann doppelt klicken muss?  Trotzdem macht mir auch der Computerunterricht großen Spaß. Das Interesse der Schüler ist riesig und auch sie haben Spaß dabei. Ich habe das Gefühl, ihnen wirklich etwas zu vermitteln und das macht mich glücklich. Wenn alles klappt, kann ich die 2nd years in einigen Wochen in der Welt des Internets herumführen.❤🌞
Computer
Englisch
Schneiderschüler


Office (place to be für mich)
Mein Unterricht findet bisher nur Vormittags statt, Mittagessen gibt’s dann zu Hause. Nsima#1! Schmeckt mir inzwischen wieder gut, das erste Nsimatief ist überwunden :D Anschließend ein kurzer Verdauungsnap. Den Nachmittag verbringe ich, wenn ich nichts anderes vorhabe, im Centre. Unterricht vorbereiten oder nachbereiten, Ideen sammeln und aufschreiben, planen, spielen, schnacken und die Zeit genießen. Mittwochs wird Fußball bzw. Netball gespielt. Die Netball-Regeln sind mir noch suspekt. Wer ist wann wo in welchem Feld und darf wieviele Schritte gehen? Da hier aber jeder ein Netball-Profi ist, verstehe ich es immer besser und habe auch schon so Spaß daran!
Um 6 Uhr ist es dann schon dunkel, ich helfe beim Abendessenkochen. Nsima  #2. Die Beilagen variieren immer, mein Favorit sind ja Bohnen und Soyapieces! Durch den zeitigen Sonnenuntergang ist der Tag auch schon früh vorbei. Nach dem Abendessen sehen wir meist nur noch ein wenig fern (mir fällt immer wieder auf, wie wenig ich die deutschen Medien vermisse!!). Um halb neun sind alle im Bett. Manchmal schlafe ich auch schon früher.
Nsimansimansima
Einmal wöchentlich aber gehe ich zum Mzungu Dinner (Mzungu ist das Wort für Weiße)wobei ich lustigerweise die einzige Weiße bin. Gemeinsam kochen, essen, spielen! Manchmal nehme ich auch an einer Bible Study Group teil. Leider bin ich oft zu müde dafür, da das Mzungu Dinner am Tag davor war und ich mit Schlafmangel nicht mehr gut umgehen kann. Ansonsten verbringe ich die freie Zeit mit meiner Familie oder Freunden, gehe auf den Markt oder versuche mich im Chitumbuka-lernen. Ich muss aber schon sagen, dass ich viel weniger Freizeit oder Langeweile habe, als gedacht. Genau deshalb vergeht meine Arbeitswoche wie im Flug.
Die Wochenenden sehen immer ein wenig anders aus:
Am vorletzten Samstagmorgen bin ich nach Chilumba gefahren, um Nora und Elli zu besuchen. Die dreistündige Fahrt fühlte sich mehr wie eine dreißigstündige Fahrt an, da ich die meiste Zeit an die Tür gequetscht saß. Wenn die herausgefallen wäre, dann mit mir. Und das hätte mich nicht mal so sehr gewundert, da die Minibusse meistens schon ein wenig älter sind und die Fahrer echt verrückt fahren.. Glücklicherweise ist nichts passiert und ich bin heil angekommen. Nora und Elli haben mich abgeholt und mich zu ihrem von Mangobäumen umrundeten Haus inmitten einer Kasavaplantage geführt. Sehrsehridyllisch! Die beiden haben eine Menge Nachbarn und Freunde, die ziemlich witzig drauf sind und die die Beiden auch meist bekochen. So wurden wir auch am Samstag bekocht. Unter dem Mangobaum gab es Mittagessen und lustige Gespräche. Wir drei Mädels sind danach an den Malawisee gefahren. Wunderschön war das, der See sieht aus wie ein Meer. Und überall sind Berge! Viele Menschen, besonders Kinder, Kühe, Ziegen und Hühner waren auch am Start. Lustig war, dass die Frauen ihre Knie zwar mit ihren Chitenche bedeckt hatten, aber oberkörperfrei waren. Auf eine Sprite ging es an eine Bar, die wir entdeckt haben. Pommes, Phase10 und Sonnenuntergang. Als es dunkel war, beeilten wir uns, nach Hause zu kommen. Dort wurden wir dann von den Nachbarboys mit einem Willkommenslied auf Ellis Gitarre begrüßt. Abendessen und rätseln und lachen! Der nächste Morgen begann mit einem Süßkartoffelfrühstück und UNO unter dem Mangobaum. Gegen Mittag musste ich leider schon aufbrechen, da ich Zuhause noch einiges zu tun hatte. Unschön waren für mich die ersten Minuten der Rückfahrt. Einen Sitzplatz konnte ich leider nicht mehr ergattern, es hatte nur für einen Bodenquetschplatz gereicht. Dann konnte ich mich selbst aber auf einen Front Seat upgraden und genoss die restliche Fahrt in vollen Zügen! Die Landschaft war atemberaubend. Lange sind wir am See entlang gefahren, durch viele Serpentinen einen Berg hoch. In diesem Zeitraum habe ich 30 (!) Affen gesehen. Die chillen da halt einfach auf der Straße.. Und so kam es, dass ich auf einer Minibusfahrt mehr Wildlife zur Sicht bekommen habe, als  im  Wildlife Centre Lilongwe (was zudem auch doppelt so teuer war).
Sonnenuntergangssprite


die Chilumbagirls vor ihrem Haus
familieee


Am vergangenen Freitag dann hatten unsere Schüler ein Fußball- bzw. Netballtestspiel. Das fand aber leider nicht in Ekwendeni statt, sondern in Ngongo (oder ähnlich). Nach einer Motivationsrede von Ausmane, dem Manager, und mir ging es für die Schüler zu Fuß zu ihrem Spiel. Bestimmt waren sie zwei Stunden lang unterwegs. Nach langem Suchen und Fragen konnten wir uns einen Pick-Up samt Fahrer mieten, mit dem es dann nach Ngongo ging! Nach einigen Metern wurde mir klar, warum niemand uns sein Auto geben wollte. Die Straße war wirklich sehr sehr schlecht. Eigentlich war sie nicht mal eine Straße, eher eine Aneinandereihung von Gräben. Zum Teil mussten wir durch einen Fluss fahren. Als wir ankamen, waren die Netballgirls schon fertig. Sieg! Triumphierend sind sie auf die Ladefläche gesprungen, singend und jubelnd sind wir zurück nach Ekwendeni gefahren. Die Fußballspieler wurden natürlich auch abgeholt, jedoch bin ich nicht noch einmal mitgekommen – mein Besuch aka Nora und Elli war schon kurz vor Ekwendeni und hatte selbstverständlich Vorrang! Nachdem ich sie abgeholt hatte ging es nach Hause. Aufgrund Müdigkeit reichte es nur noch zum Essen und Schlafen.
Samstagmorgen mussten die beiden zur Uni in Ekwendeni, da sie für ihre Lehrer, die dort studieren, etwas abgeben sollten. Ja, Ekwendeni hat sogar eine Uni! Sie ist zwar sehr klein, aber inmitten von Jacarandabäumen gelegen. Auch der Ausblick kann sich sehen lasssen. Anschließend sind wir ins Taxi nach Mzuzu gestiegen. Kurzegefasst: Immigration Office (endlich habe ich die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis),  Shoprite (teurer Spaß), Dapp (ein Tshirt kann man immer gebrauchen..), Blue Tomatoe, ein supersuperguter Inder! Dort sind auch Sandra und Lea zu uns gestoßen. Stoffmarkt, Lodge. Ausruhen! Burger und feiern am Abend. Trotz semigutem DJ war das wunderbar und wir hatten viel Spaß. Nächstes Wochenende Lake Of Stars Festival, ich drehe schon jetzt durch vor Freude.
Unibesuch 
Tagvorhang
Nachtvorhang
2/3
unser Haus

2 Kommentare:

  1. Liebe Luise,
    es macht Spaß, deine Zeilen zu lesen. Sie sprühen vor Freude und Enthusiasmus!
    Ich bin froh, dass du so herzlich aufgenommen wirst und dich wohl fühlst. Die Bilder machen Lust und Neugier auf mehr! Vielleicht kannst du - wenn du mal wieder Fotos von Euch machst, auch kurz darunter schreiben, wer das ist? Vielleicht mal ein paar Bilder von deiner Gastfamilie?
    Warst du im Malawi-See baden ? .... Fragen, Fragen, Fragen..... auch wir sind doch sooo neugierig!
    Ich wünsche dir weiterhin eine ganz tolle Zeit!
    Dein Papa

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    1. ❤️ ach papiii ich habe für die veröffentlichung dieses blogposts solche strapazen auf mich genommen

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